Was Michael auf seinem Blog über das Elternleben schreibt ist großes Kino. Wohl einer der besten Elternblogs - und: aus Nürnberg!  - nueww.de

Ein Video-Gruß von #zweiraumsilke an alle Leser:

Ich, Scheißpapa

„Du, Scheißpapa!“. Diese für den Moment ehrliche Vaterstatus-Einschätzung meines fünfjährigen Sohnes kam dann doch etwas unerwartet. Es war Anfang letzter Woche, morgens 8.10 Uhr. Wir standen vorm Haus, ich hatte Anton gerade entschlossen davon abgehalten, seine Jacke zuzumachen und bewegte ihn mit elterlichem Scheißpapa-Nachdruck die 5 Meter Richtung Auto. Er war von der Gesamtsituation wenig begeistert. Ich auch.

Das ich mal von meinem Kind beschimpft werde, weil ich verbiete, die Jacke zuzumachen, hätte ich mir auch nicht gedacht. Aber dann auch wieder hätte ich nie gedacht, dass ein 2x2 Meter-Bett zu eng werden kann.

Hier standen wir also morgens um kurz nach acht vorm Haus: nach einer unruhigen Nacht im 2x2 Meter-Bett leicht unterversorgt mit Schlaf und mit der unausweichlichen Kindergarten-Bring-Deadline im Nacken. Es war ein Morgen, der geprägt war von “eigentlich keine Zeit”.

Denn an diesem Morgen war eigentlich keine Zeit lange fürs Aufstehen zu brauchen. Es war eigentlich keine Zeit ausgiebig zu frühstücken. Keine Zeit beim Zähneputzen zu trödeln. Keine Zeit beim Anziehen zu träumen. Keine Zeit im Flur vor sich hin zu starren, während alle anderen sich die Schuhe anziehen.

Eigentlich. Denn dieser Morgen lief dann so ab: Fürs Aufstehen wurde lange gebraucht, es wurde ausgiebig gefrühstückt, beim Zähneputzen wurde getrödelt, beim Anziehen geträumt und im Flur wurde vor sich hin gestarrt. Und ich immer: Mach mal! Tu mal! Nicht träumen, anziehen. Wir haben doch. Keine. Zeit.

Am Schluss - auf der Zielgeraden sozusagen - dann die Sache mit der Jacke und der Moment, wo ich wirklich nicht mehr warten wollte. Und schwupps war ich Scheißpapa - das erste Mal in meinem Leben. Meine Premiere morgens um acht: Scheißpapa-Status.  Immerhin hatte ich einen guten, fast 6-jährigen Lauf, in dem ich kein Scheißpapa war. Jetzt war ich es - zumindest für den Moment - , weil ich nicht wollte, dass die Jacke zugemacht wird.
Tja, man kann sich das nicht aussuchen. Unpopuläre Entscheidungen sind da, um gefällt zu werden. Und Kindergarten-Deadlines sind da, um sie nicht zu reißen.  

Mein Status bin ich dann auch schnell wieder los geworden und die Entschuldigung habe ich auch angenommen. Aber es kann jederzeit wieder soweit sein: Ich, Scheißpapa.

Ich: "Wirst du mich nochmal so nennen?"
Anton: "Ich weiß es nicht. Eigentlich nein."

Das ist ok.

 

Selda rennt

Verdaumt sportlich