Da ist jemand müde

View Original

Mitmachtag

„Komm wir kneten!“  Ich stehe im Kindergarten inmitten der Mäusegruppe meines Sohnes. Die Stühle und Tische um mich herum gehen mir bis zur Kniescheibe. Es ist 9 Uhr morgens, bolleheiß, mein T-Shirt klebt an mir und mein Abenteuer beginnt: Mitmachtag.

In unserem Kindergarten können Eltern einen Slot in der Woche  - üblicherweise freitags - buchen, um einen Vormittag die Kinder zu bespaßen. Da wird dann gebastelt, gekocht und ge-irgendwast.  

Ich war an einem Mittwoch da, was viele Kinder verwirrte und hatte kein Programm dabei, was einige kurz verwunderte. Top-Voraussetzungen also für erfolgreiche Stunden.

„Komm wir kneten!“. Während Anton noch keine klare Idee hatte, was ich machen könnte, kam von anderer Seite dieser Vorschlag. Sagen wir mal so: Ich hasse kneten. Ich weiß nie, was ich kneten soll und das einzige, was mir immer einfällt ist: ein Schneemann. Drei Kugeln übereinander - easy.  Aber - verdammt noch mal - es war Sommer. Schneemänner im Sommer zu kneten, bringe ich nicht übers Herz. Nach kurzer Nachdenkphase habe ich mich am Tisch umgesehen, was die anderen so gerollt haben und da war dann auch klar, dass es egal sein wird, was ich mit Knete zusammenschlopse. Und begann.

Ganz wichtig bei Knete: Mit Sound kann man sehr viele Unzulänglichkeiten wettmachen. 
Knete einfach etwas, was ausschaut wie bunter Knetekot. Nimm es in die Hand und bewege es mit Raketengeräuschen. Schon ist es cooler Knetekot. Bei den Kindern kam dann auf diese Art mein skateboardfahrender Drache sehr gut an. Klasse Einstand.

Nach der Knetsession war Morgenkreis. Das Daily Meeting im Kindergarten. Ich saß auf einem Mini-Stuhl und war sehr fasziniert, wie diszipliniert das alles vonstatten ging. Während Panflöten-Musik aus dem CD Spieler tönte,  suchte jedes Kind nacheinander einen Platz im Stuhlkreis. Dann, als alle saßen, wurde ein Gegenstand im Kreis rumgereicht, den sich jeder genau anschauen konnte. Dieses Angebot wurde auch stark wahrgenommen. Es dauerte gefühlte 20 Minuten bis alle 20 Kinder dran waren. Danach wurde über das Gesehene gesprochen und die Erzieher stellten einige Fragen. 

Im Wesentlichen gab es zwei Kernantworten:  

  1. Sich melden und dann sagen: „Hab ich vergessen.“ 
  2. Sich melden und dann genau das gleiche sagen, was der Vorredner gesagt hat, nur nicht so schnell und mit viel „Ähm“.  

Beides werde ich so vielleicht auch in einem Meeting in der Arbeit einsetzen. Ohne das Melden. Das ruf ich rein. 

Der Morgenkreis klang dann sehr musikalisch aus. Und wieder einmal wurde mir bewusst, wie wenig Kinderlieder ich kenne. Es ist sehr einsam im Morgenkreis, wenn man weder Text noch Arm-Choreo kennt.

10 Uhr - Nach dem Morgenkreis waren die Kinder und ich uns erstmal selbst überlassen. 
Ich wurde für lange Zeit in der Lese-Ecke festgehalten und war Chef-Vorleser.  Manchmal war es aber so: Das Kind, das laut und fordernd einem das gewünschte Buch hinklatscht, steht spätestens nach der ersten Vorlese-Seite auf und geht woanders hin. Auch das kennt man aus dem Job. Da wird ganz viel Druck gemacht, dass irgendwas gemacht werden muss und am Schluss, wenn es dann gemacht wird, hat sowieso keiner mehr einen Kopf dafür. 

Aber zurück zur Lese-Ecke: Ich habe an einem heißen Sommertag in einer heißen Kindergarten-Gruppe eine Weihnachtsgeschichte gelesen und diverse Ostergeschichten. Das Lese-Pendant zum Schneemann-Kneten im Sommer.  Das Bücherregal war demnach in etwa so aktuell wie Windows 98.  Aber was soll's, die Kinder lauschten und einer hat sogar in die Windel gekackt beim Lauschen. Ich werte das als Kompliment. 

Nach dem Lesen, konnte ich noch kurz meine Lego-Skills unter Beweis stellen und dann ging es raus in den Garten. Im Garten endete dann auch mein Tag im Kindergarten.

Es war sehr schön. Anton hat es genossen, dass sein Papa da war und ich fand es auch top, am Ende von Antons Kindergartenzeit mal zu sehen, wie das alles abläuft.  Auch freue ich mich durch den Vorlesemarathon wieder ein Stückchen mehr auf Weihnachten und ... ähm ... hab ich vergessen.